„BRINGEN SIE DIE WINDKRAFT NACH VORNE“

– Aufruf von Profisegler Boris Herrmann beim Symposium „Zukunftsbranche Segeltechnologie“ in Leer

Am Dienstag, den 14.03.2023, fand auf dem Maritimen Campus in Leer das Symposium „Zukunftsbranche Segeltechnologie“ mit mehr als 100 Teilnehmenden und hochkarätigen Gästen und Experten aus Politik, maritimer Wirtschaft und Wissenschaft statt. Zu der Veranstaltung eingeladen hatte die Fraunhofer Arbeitsgruppe Nachhaltige Maritime Mobilität (unter gemeinsamer Leitung der Hochschule Emden/Leer mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES), die MARIKO GmbH und das Kompetenzzentrum Greenshipping Niedersachsen.

 Grußwort des Bundestagsabgeordneten Julian Pahlke

Die Frage wie die Weltbevölkerung im Einklang mit dem blauen Planeten, den sie jahrzehntelang fast bis an seine Grenzen ausgereizt hat, auch zukünftig leben kann und wie insbesondere Segeltechnologien einen praktischen Beitrag zum maritimen Klimaschutz leisten können, ist hochaktuell. Frank Schätzing hat die Thematik bereits vor gut 20 Jahren in seinem Thriller „Der Schwarm“, dessen Verfilmung als achtteilige Serie derzeit in der ZDF-Mediathek verfügbar ist, aufgegriffen. Er erzählt vom Kampf der Menschheit gegen eine unbekannte Schwarmintelligenz aus dem Meer, die sich mit zunehmenden Angriffen aus der Tiefsee am Menschen, der ihren Lebensraum mit all seinem Müll und CO2 zerstört, rächt. Genau dieses fiktiven Beispiels bediente sich Julian Pahlke (Bündnis 90/Die Grünen), Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Unterems, bei seinem motivierenden Grußwort an das Plenum zum Einstieg in die Veranstaltung. Der begeisterte Wassersportler (Segeln und Surfen) rief dazu auf, alle Kräfte der maritimen Branche für die Entwicklung fossilfreier und praxistauglicher Segelantriebe in der Schifffahrt zu bündeln.

Videobotschaft von Profisegler Boris Herrmann aus dem Südpolarmeer

Auch Profisegler Boris Herrmann, der derzeit mit seinem Team Malizia die Welt im Rahmen der diesjährigen Ocean Race-Regatta umsegelt, richtete sich mit einer Videobotschaft an die Teilnehmenden der Veranstaltung. Der in Oldenburg geborene Skipper warb für eine Reduktion der CO2-Emissionen durch Windkraft sowie eine Rückbesinnung auf die Wurzeln der Seefahrt und wünschte dem Plenum einen produktiven Austausch sowie innovative Resultate im Sinne einer klimaneutralen Schifffahrt. Vertreten war das Team Malizia darüber hinaus auch vor Ort in Leer, durch ihren Commercial Manager Cornelius Eich, der insbesondere für mehr Schnelligkeit und Pragmatismus bei der Praxisumsetzung von klimarelevanten Forschungserfolgen in die Schifffahrt plädierte.

Aktualität der Thematik

„Auf dem Weg zu nachhaltiger maritimer Mobilität ist die Nutzung von Windenergie elementarer Bestandteil und schreitet bereits stetig voran“, erklärt das Leitungsteam der Fraunhofer AG Nachhaltige Maritime Mobilität bestehend aus Prof. Kapt. Michael Vahs, Prof. Dr.-Ing. Jann Strybny und Hans Kyling. Weltweit werden derzeit zahlreiche Projekte bekannt gegeben. Insbesondere Tanker und Bulker bieten großes Potenzial. Aber auch andere Schifffahrtsmärkte zeigen zunehmend großes Interesse an grünen Schiffen mit Windzusatzantrieb. Für die deutsche sowie regionale maritime Wirtschaft bietet die Transformation zu einer zukunftsfähigen, klimaneutralen Schifffahrt große Chancen, eine Zukunftsbranche maßgeblich zu prägen.

Spannende Vorträge zu innovativen Projekten

Innovativ und vielseitig waren die Projekte und Themen, die im Rahmen des Symposiums vorgestellt und diskutiert wurden. Ralf Oltmanns von der ECO Flettner GmbH aus Leer und Sören Berg von der Mariko GmbH stellten das Großprojekt FlettnerFLEET vor. Das durch den Bund geförderte Vorhaben startete zu Jahresbeginn und soll die innovative Flettnerrotor-Technologie für die Schifffahrt auf ein neues Niveau heben und so als Grundlage für umfangreiche Emissionseinsparungen fungieren. Zu Gast war auch Torsten Conradi von der judel/vrolijk & co aus Bremerhaven, einem der weltweit bekanntesten Yachtkonstruktionsbüros. Er präsentierte ein Konzeptdesign für ein klimaneutrales Passagierschiff, das unter Segeln fährt. Mit H. Christoph Enge von der Lampe & Schwartze Marine Underwriting, einer führenden Transportversicherungsgesellschaft aus Bremen, die u.a. die Rennyacht „Malizia-Seaexplorer“ von Boris Herrmann versichert, war ein weiterer Fachmann der maritimen Branche Teilnehmer des Symposiums. Er fokussierte bei seinem Vortrag die Risikobewertung und das damit verbundene Versicherungsmanagement einer aufstrebenden Berufsschifffahrt unter Segeln.

Fraunhofer Arbeitsgruppe Nachhaltige Maritime Mobilität

Als Organisator der Veranstaltung brachte sich die Fraunhofer Arbeitsgruppe Nachhaltige Maritime Mobilität intensiv in die Fachvorträge der Veranstaltung ein. Dr. Tobias Meyer und Adam Zuga vom Bremerhavener Teil der Gruppe am Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme stellten im Rahmen des Symposiums Konzepte für die Automatisierung von Segelsystemen vor und erläuterten dabei u.a. den Einfluss des Mastbiegemoments auf die Betriebssicherheit und den Komfort für Passagiere an Bord eines Segelschiffs. Die umfangreichen Forschungsmöglichkeiten am Leeraner Standort der Fraunhofer AG wurden anhand spannender Projektvorträge vorgestellt. Arne Daniel, Kai Hillers, Leonie Walter und Prof. Dr.-Ing. Jann Strybny berichteten im Zusammenhang der hybriden Modellierung der Hydro- und Aerodynamik von Segelfahrzeugen über den Einsatz von hochmodernen 3D-Druckern für die Herstellung von Prototypen sowie detaillierte Messungen im Schlepptank des Maritimen Technikums. Spannend war auch der Vortrag von Prof. Kapt. Michael Vahs und Sascha Strasser zur technischen Projektumsetzung für Segelfahrzeuge in der Berufsschifffahrt. Im Zentrum des damit verbundenen Projekts „Transitioning to Low Carbon Sea Transport“ geht es u.a. um die Entwicklung und den Bau eines klimaneutralen Lastenseglers für die Marshall-Inseln im Südpazifik.

Gelungene Veranstaltung mit Neuauflage in 2024

Den Abschluss der gelungenen Veranstaltung bildete eine von Katja Baumann, Geschäftsführerin der MARIKO GmbH, moderierte Diskussionsrunde im Maritimen Technikum. In einem waren sich alle Anwesenden einig: Vor dem Hintergrund des maritimen Klimaschutzes und steigender Energiepreise sind auch in der Schifffahrt dringend Antriebsalternativen und innovative Technologien gefragt. Was liegt da näher, als sich auf die Wurzeln der Seefahrt zu besinnen und den Wind zu nutzen? Er ist kostenlos verfügbar und nicht nur auf den Einsatz mit konventionellen Segeltüchern beschränkt.

Die Initiatoren des Symposiums waren mit dem Zuspruch und dem Verlauf der Veranstaltung mehr als zufrieden. Katja Baumann von der MARIKO GmbH versprach eine Neuauflage der Veranstaltung in 2024 und zog ein positives Fazit: „Es hat sich wieder mal gezeigt, dass unser Symposium auf dem Maritimen Campus in Leer eine optimale Plattform ist, um eine äußerst bedeutsame Thematik gemeinsam mit zentralen Akteuren und Experten der maritimen Branche am Beispiel wirtschaftlich tragfähiger und innovativer Segelkonzepte zu diskutieren.“ Auch Prof. Strybny war sehr angetan von der Veranstaltung und sieht in der Thematik eine große Zukunftschance für die Region: „Im Hinblick auf eine klimaneutrale Schifffahrt ist der Standort Leer insbesondere durch unser Maritimes Technikum, das angeschlossene Maritime Kompetenzzentrum sowie die modern aufgestellten Studiengänge des Fachbereichs Seefahrt und Maritime Wissenschaften der Hochschule Emden/Leer bereits eines der zentralen maritimen Forschungs- und Ausbildungszentren in Deutschland. Klimaneutrale Schifffahrt ist eine so wichtige Aufgabe, in der jede Menge Zukunft steckt und ich bin froh, dass wir das Thema gemeinsam mit so vielen Experten der Branche wieder ein Stück weiter nach vorn gebracht haben.“ Sein Kollege Prof. Vahs betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit von maritimer Wissenschaft und Wirtschaft für das Thema: „In Deutschland gibt es bereits viele wissenschaftliche Initiativen zu klimaschutzrelevanter maritimer Technologie und zur Entwicklung von Wind angetriebenen Schiffen, doch aus den Forschungserfolgen müssen im nächsten Schritt tatsächliche Geschäftsmodelle für eine nachhaltige maritime Wirtschaft entstehen.“

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