Elsfleth, 20.09.2021

Es ist ernst: Von der Informationshaftung für Lieferanten zur IHM-Konformität für Schiffe

Schifffahrtsunternehmen sind verpflichtet, in einer zertifizierten „Inventory of Hazardous Materials (IHM)“ korrekte und nachvollziehbare Angaben über Inhalts- /Schadstoffe von Bauteilen und Ausstattung ihrer Schiffe nachzuweisen. Bei Änderungen sind Daten von den Zuliefererbetrieben anzufordern. Dies geschieht häufig durch externe Dienstleister. Die Angaben der Zulieferer sind extern nicht zu prüfen. Bei Falschangaben, die auch Jahre später erkannt werden können, sind empfindliche Strafen für die ausstellenden Unternehmen möglich. Diese Thematik wurde im Rahmen einer Online-Veranstaltung des MCN mit knapp 80 interessierten Teilnehmenden aufgegriffen.

Zum 01.01.2019 ist die EU Schiffsrecycling Verordnung (Ship Recycling-Regulation, SRR) in Kraft getreten. Diese regelt das Recycling von Schiffen und orientiert sich dabei an der noch nicht international ratifizierten Hongkong Konvention. Im Wesentlichen sind die hier getroffenen Regelungen daher für Schiffe unter europäischer Flagge bereits in Kraft. Ab dem 01.01.2021 betrifft die Verordnung auch Bestandsschiffe.

Auf jedem Schiff ist nun ein schiffsspezifisches Gefahrstoffinventar (Inventory of Hazardous Materials / IHM) mitzuführen.[1]

Henning Gramann, Geschäftsführer der GSR Services GmbH zeigte auf, dass nun alle relevanten Produkte mit einer Deklaration versehen sein müssen, sogar wenn diese keine IHM-relevanten Gefahrstoffe enthalten. Änderungen müssen in einem IHM Maintenance Report dargestellt werden. Der Nachweis darüber wird bei der alle fünf Jahre stattfindenden Rezertifizierung oder bei Hafenstaatenkontrollen gefordert. Bei Zuwiderhandlung (kein IHM oder ein mangelhaftes oder nicht gepflegtes IHM an Bord) droht ein erhebliches Strafmaß. Dies betrifft nicht nur den Schiffsbetreiber, sondern es besteht eine „Haftungskette“ über den Lieferanten, Sublieferanten, Hersteller bis hin zum Komponentenhersteller. Häufig führt dies zu Problemen, da nachgelagerten Komponentenherstellern die Problematik nicht bewusst ist, weil diese nur indirekt oder zu einem kleinen Teil die Schifffahrt beliefern. Hier ist also Aufklärungsarbeit aller Beteiligten gefragt. „IHM-Pflege“ bedeute nicht, wie nach häufiger Auffassung angenommen, die Überlegung, ob ein gefährlicher Stoff in einem Produkt enthalten sein könnte, sondern die Nachvollziehung möglicher Gefahrstoffe über die Erklärungen der Lieferanten und das über die gesamte Produktionskette. Dieser durchgängige Aufwand ist nur mit leistungsstarken Software-Lösungen zu erfassen.

Frau Dr. Claußen, Rechtsanwältin bei der Wirtschaftskanzlei Lebuhn und Puchta in Hamburg, berichtete über die möglichen Fallstricke für die maritime Industrie. Eine wesentliche Forderung der SRR ist die Prüfung, ob Gefahrstoffe, die in den Anhängen I und II genannt sind in den Neueinbauten enthalten sind. Diese erfolgt durch Materialdeklarationen (MD), die die Zulieferer im Rahmen der Lieferkette vorgelegt haben müssen. Die MD erklärt, ob Gefahrstoffe über den jeweiligen Grenzwerten vorhanden sind und gegebenenfalls in welcher Masse und in welchem Bereich. Der letzte Zulieferer muss darüber hinaus eine Konformitätserklärung abgeben, dass der gelieferte Gegenstand der MD entspricht. Zudem muss er sicherstellen, dass alle geltenden Gesetze hinsichtlich Gefahrstoffen eingehalten werden und sich auch über die Inhaltstoffe der Komponenten des verkauften Produktes informieren. Zudem muss ein entsprechendes Qualitätsmanagement nachgewiesen werden. Verschiedene Verordnungen regeln die Umsetzung. Auch die Sanktionierung von Zuwiderhandlungen wird nicht nur in der SRR geregelt, sondern durch verschiedene Bereiche des Unionsrechts. Vertragliche Vereinbarungen zu Stoffverboten und Informationspflichten in der Lieferkette sind daher sehr wichtig.

Im Anschluss an die Vorträge wurde eine Vielzahl von Fachfragen beantwortet. Sollten auch Sie sich für das Thema interessieren oder Fragen dazu haben, wenden Sie sich gerne an Henning Edlerherr.

Kontakt

Maritimes Cluster Norddeutschland e. V.

Henning Edlerherr

Tel.: 04404 98786-14

E-Mail: henning.edlerherr@maritimes-cluster.de

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