03.02.2022

Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Schiffbetrieb

„Wie können Daten dazu dienen, um die Energieeffizienz zu erhöhen?“ war die Kernfrage des Online-Impulses am 3. Februar 2022. Die Veranstaltung wurde in Kooperation durch den Verband Deutscher Reeder sowie die MARIKO GmbH ausgerichtet. Den Rahmen bildete dabei das Projekt Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen, ein Projekt zur Förderung der KMU der maritimen Branche.

Das Sammeln und Auswerten von Daten ist ein erster Schritt, um Maßnahmen für energiesparende Retrofits zu definieren. Doch genau darin liegen die Schwierigkeiten: Daten liegen nur in einer schlechten Qualität oder gar nicht vor, darüber hinaus gibt es keine Standards für Datenerfassung und -auswertung. Regularien wie die MRV-Verordnung sollen die Erfassung von Emissionen und die Entwicklung von Maßnahmen zur Reduktion dieser ermöglichen. Doch ist diese Herangehensweise wirklich sinnvoll? Und warum spielt die Erfassung von Emissionen eine große Rolle? Diese und weitere Fragen diskutierten die rund 50 Teilnehmer mit Experten.

Grundlegendes Konzept der Energiewende: messen, verstehen, handeln

Sebastian Ebbing vom Verband Deutscher Reeder erläuterte Grundlagen zur Berichterstattung von CO2-Emissionen und stellte dabei zwei Regularien vor, die EU MRV und die IMO DCS. Er betonte, dass die Sammlung von Daten zwar gesetzlich vorgegeben, aber auch zum Eigennutz für Betreiber von Schiffen interessant sei, um Verbesserungspotenziale aufzudecken. Die Datenqualität im Kontext der IMO DCS und EU MRV Regulatorik habe somit eine zentrale ökonomische und technische Bedeutung für Schifffahrtsunternehmen und deren Geschäftsstrategie. Darüber hinaus bilde die Berichterstattung der schifffahrtsbezogenen CO2-Emissionen die Grundlage der internationalen und europäischen Schifffahrts-Regulatorik. „Messen, verstehen, handeln“ beschrieb Ebbing den Prozess zur Entwicklung von Maßnahmen zur Emissionsreduktion. Abschließend betonte er, dass durch die Vorgaben von IMO DCS und EU MRV hilfreiche Datenbanken entstanden sind, die Erkenntnisse zu den aktuellen  Emissionen als auch der Wirksamkeit von Schiffsmodifikationen sowie optimierter Fahrprofile liefern können.

CII als Chance – Schifffahrt als Treiber der Energiewende

In seinem Beitrag legte Jan Herberg von Herberg Systems GmbH den Fokus auf CII, dem sogenannten Kohlenstoff-Intensitäts-Indikator, eine Vorgabe zur Berechnung von Emissionswerten. Aus seiner Sicht ist der CII besonders spannend, weil dieser als Grundlage für das Rating von Schiffen dient und diese vergleichbar mit elektrischen Geräten in Kategorien von A bis E einteilt. Herberg appelliert an die Teilnehmer den CII zeitnah zu ermitteln, um frühzeitige Maßnahmen zur Verbesserung zu ermöglichen und Überraschungen zu vermeiden. Der Indikator ermögliche laut Herberg ein besseres Reporting was zur besseren Entscheidungsbasis und höherer Planungssicherheit führe. Herberg sieht die Digitalisierung und Dekarbonisierung der Schifffahrt als Chance und empfiehlt Betreibern von Schiffen entsprechende Kennzahlen wie den CII nicht außer Acht zu lassen, weil sie zunehmend wichtig für die Vermarktung gegenüber Charterern werden. Mit einer guten Datenbasis und Controlling könnten Risiken erkannt sowie Strategien und Maßnahmen zur Reduktion von CO2 entwickelt werden.

Ganzheitliche Strategie zur Emissionsreduktion

Henry Lazarus von Normative nahm in seinem Vortrag Bezug auf das GHG Protokoll (green house gas protocol) und erläuterte das dazugehörige Kalkulationsverfahren. „Only what gets measured gets managed“, so Lazarus und hob hervor, das Unternehmen in Zukunft nicht nur an ihren eigenen, direkten CO2-Emissionen gemessen würden, sondern auch an den indirekten Emissionen ihrer Zulieferer und Dienstleister. Auch diese müssten für eine ganzheitliche Sicht in Kalkulationen und Indikatoren einbezogen werden. Alle Emissionen zur Herstellung von Produkten und Durchführung von Dienstleistungen seien relevant und beeinflussbar, so Lazarus. In Zukunft sei die Auswahl und Beauftragung von Unternehmen auch aus dem Transport- und Logistiksektor somit abhängig von deren Einsatz von klima- und umweltfreundlichen Fahrzeugen und eingesetzten Brennstoffen.

Weitere Herausforderungen gilt es zu lösen

In der Diskussionsrunde wurden darüber hinaus Herausforderungen rund um die Emissionserfassung und -auswertung thematisiert. Dazu zählten die noch nicht ausformulierten Sanktionsmöglichkeiten, beipielsweise inwieweit Hafenstaaten die Einfahrt bei der Nichteinhaltung von Emissionsvorgaben verweigern können. Als problematisch wurde auch das CII-Verfahren bewertet, da dabei die Ladung außer Acht gelassen wird, die jedoch einen großen Einfluss auf Emissionen hätte. Außerdem gäbe es noch viele offene Fragen in Bezug auf Normen und Technologie im Hinblick auf die Wahl von Antriebssystemen, um mehr Sicherheit bei der Planung von Umrüstung bzw. Neubau zu erhalten.

Die Präsentationen zur Veranstaltung stehen HIER zum Download zur Verfügung.

Hintergrundinformationen:

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen ist Wegbegleiter für kleine und mittlere Unternehmen und begleitet sie bei der Umsetzung „datengetriebener Geschäftsmodelle“. Angebote des Kompetenzzentrums, wie persönliche Orientierungsgespräche, Workshops und Fachseminare sowie die Planung und Begleitung konkreter Digitalisierungsvorhaben können kostenlos von Unternehmen genutzt werden.

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen setzt sich zusammen aus den sechs Konsortialpartnern: der IT-Dienstleistungsgesellschaft mbH Emsland (kurz: it.emsland), der Hochschule Osnabrück (Standorte Osnabrück und Lingen), dem Fachbereich Seefahrt und Maritime Wissenschaften der Hochschule Emden/Leer, der MARIKO GmbH, dem münsterLAND.digital e. V. dem das European Research Center for Information Systems (ERCIS) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Die Geschäftsstelle für Niedersachsen befindet sich im IT-Zentrum Lingen bei der it.emsland. Die Geschäftsstelle für Nordrhein-Westfalen befindet sich im Digital Hub münsterLAND beim münsterLAND.digital e.V.

Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen ist Teil der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“, die im Rahmen des Förderschwerpunkts „Mittelstand-Digital – Strategien zur digitalen Transformation der Unternehmensprozesse“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. Weitere Informationen zur Förderinitiative des BMWi unter: https://www.mittelstand-digital.de/MD/Navigation/DE/Home/home.html

Bundesweit gibt es 26 Kompetenzzentren.

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