Oldenburg, 04. September 2019
Wie Assistenzsysteme ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit liefern können
Am 04.09.2019 luden das Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen, das Maritime Cluster Norddeutschland und die Jade Hochschule zum Forum Maritim in die Räume des Instituts für Informatik OFFIS in Oldenburg ein. Vertreter der maritimen Wirtschaft und Experten aus der angewandten Forschung tauschten unter dem Motto „Digitale Assistenzsysteme – kleine Helfer – große Wirkung“ Informationen und Ideen aus, wie Assistenzsysteme in der Schifffahrt zu mehr Nachhaltigkeit beitragen können und informierten sich über den aktuellen Stand von Forschung und Technik.
Eröffnet wurde das Forum Maritim durch Prof. Dr. Ralf Wandelt, Dekan des Fachbereichs Seefahrt und Logistik der Jade Hochschule in Elsfleth. Anschließend stellte Professor Dr. Martin Fränzle, Sprecher des Bereichsvorstands Verkehr und wissenschaftlicher Leiter im Bereich Verkehr am OFFIS Institut sowie Professor im Department für Informatik der Universität Oldenburg, das Institut und seine vielfältigen Aktivitäten kurz vor.
Im ersten Fachvortrag informierte Dr. Feuerstack, Gruppenleiter kooperierende Systeme im Bereich Verkehr bei OFFIS, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über das Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0, eine Initiative zur Vernetzung und Stärkung von FuE Projekten mit besonderem Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen.
Ebenfalls stellte Dr. Feuerstack das eMIR Projekt (e-Maritime Integrated Reference Plattform) vor, welches mittels elektronischer Unterstützung dazu beitragen soll, die Sicherheit, Effizienz und dadurch auch die Nachhaltigkeit in der Schifffahrt zu stärken. Besonders die Systems of Systems, also das Zusammenwirken verschiedener, teils hochkomplexer, kooperierender Hard- und Software Systeme liegen dabei im Fokus und genau hier soll auch unterstützend eingewirkt werden, wodurch das Bordpersonal effektiv entlastet und so Schiffsunglücke zukünftig vermieden werden sollen.
Im zweiten Fachvortrag stellte Robin Rofallski vom IAPG, dem Institut für angewandte Photogrammetrie und Geoinformatik der Jade Hochschule, das Projekt EITAMS und im Besonderen das Teilprojekt der autonomen Steuerung von AUVs (Autonomous Underwater Vehicles) mittels bildgebender Verfahren, optischer 3-D Messtechnik und der kamerabasierten, autonomen Orientierung und Positionierung von Vehikeln im Raum vor. Ein mögliches Ziel ist es, derartig gesteuerte Schwärme autonom, bzw. als teilautonom operierende Systeme dazu einzusetzen, Leckagen an schwer erreichbaren unterseeischen Leitungssystemen schnell und effizient zu finden um somit den Schäden durch Havarien zu minimieren oder Munitionsaltlasten am Meeresboden aufzuspüren. Weitere Anwendungsfelder sind denkbar.
Im Anschluss an eine kurze Pause informierte dann Torsten Winterfeldt von der Larivière GmbH über die Einsatzmöglichkeiten des von Larivière angebotenen Systems zur Integration von Sammlung von Bild- und Prüfdaten aus verschiedenen Quellen. Ein wichtiges, im Geschäftsfeld PACSESS NDT gebündeltes Tätigkeitsfeld, ist die zerstörungsfreie Prüfung von Materialien und Schweißnähten durch digitales Röntgen. Zum Beispiel könnte das Systems von Larivière beim Containerhandling eingesetzt werden, um bei drohender Materialermüdung präventiv Maßnahmen zu ergreifen, dem Materialverschleiß rechtzeitig entgegenzuwirken und so beispielsweise durch entsprechend überwachte und eingeleitete Wartung von Gefahrgutcontainern, Umweltschäden zu vermeiden. Eine Besonderheit des Systems der Larivière GmbH ist aus, dass es jederzeit und von überall durch autorisiertes Personal eingesetzt werden kann und sich die Ergebnisse der Prüfungen aber vom Auftraggeber weitestgehend softwareunabhängig, da browserbasiert, nachvollziehen lassen.
Prof. Dr. Holger Korte von der Jade Hochschule stellte das im Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen am Standort Elsfleth entwickelte Projekt seiner Arbeitsgruppe GreenMEPS vor. GreenMEPS ist eine Mobile Evaluationsplattform für Schiffsassistenzsysteme. Dieses an der Jade Hochschule entwickelte Tool erlaubt die vollständige Simulation von Schiffsverhalten unter verschieden Umweltbedingungen mit dem großen Vorteil, dass es einfach zu transportieren und damit leicht direkt auf einem Schiff einsetzbar ist. Dadurch lassen sich diverse Schiffsassistenzysteme und das Schiffsverhalten auch im ruhenden Schiffsbetrieb und unter Realbedingungen simulieren.
Das Projekt GreenMEPS wurde 2016 gestartet und war seitdem fester Bestandteil der Arbeit des Kompetenzzentrums GreenShipping Niedersachsen, wird allerdings zum 15.September 2019 planmäßig abgeschlossen. Ein neues Projekt im Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen heißt greenCoPilot, welches im direkten Anschluss durch Oliver Köckritz vorgestellt wurde. In greenCoPilot sollen die gewonnenen Erfahrungen aus dem Projekt GreenMEPS zusammen mit der Expertise der Projektpartner OFFIS, Universität Oldenburg, Vesseltracker, SevenCs und der Hammonia Reederei in Kombination mit den Ergebnissen aus dem IMaRes Projekt der Jade Hochschule (Projekt zur automatisierten Bahnführung) einfließen.
Ziel ist es ein System zu schaffen, welches die an Bord erarbeitete Pier-zu-Pier-Reiseplanung an eine zentrale Stelle in der Verkehrszentrale schickt. Diese wird dann mit den Routen anderer Schiffe abgeglichen. Hier wird eine automatisierte Optimierung des Verkehrsflusses auf Grundlage der Routendaten der beteiligten Schiffe durchgeführt. Falls einzelne Routen angepasst werden sollten, wird ein angepasster Routenvorschlag an Bord geschickt. Dieser kann dann angenommen oder abgelehnt werden. Die Schiffsführung behält die Entscheidungsgewalt über die gewählte Route. Dadurch wird ein deutlich effizienterer, sichererer und störungsfreier Schiffsverkehr mit minimierten Wartezeiten erreicht, wodurch Ressourcen und Umwelt geschont werden können.
Zum Ende der Veranstaltung hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, unter Führung von Mitarbeitern des OFFIS die Infrastruktur des eMIR-Projektes zu besichtigen. Das Assistenzsysteme den Menschen in der Seefahrt ersetzen werden, hielten alle Anwesenden weder für wünschenswert noch für realistisch. Alle waren sich allerdings einig, dass unterstützende Systeme einen immer wichtiger werdenden Stellenwert in praktisch allen Bereichen der Seefahrt haben und haben werden, allein um mit den größer und komplexer werdenden Systemen (Schiffen) umgehen zu können. In der Kombination von Mensch und Maschine stehen dabei Sicherheit und Effizienz und daraus resultierend auch die Nachhaltigkeit bei allen Aktivitäten ganz klar im Fokus.